Rückblick auf den Kirchentag «mitenand glaube» vom 5.-8. Juli in Wetzikon
Mit grosser Freude schaue ich auf diesen einmaligen Anlass zurück. Weil er im Rahmen des
Reformationsjubiläums stattfand, erlaube ich mir, ihn mit den Augen des Reformators
Huldrych Zwingli zu würdigen.
Zwingli sitzt neben mir beim Eröffnungsgottesdienst vom Donnerstagabend. Mit mir freut er
sich, wie die Eishalle sich mit Feiernden füllt. Als der grosse Chor die mit allen technischen
Finessen versehene Bühne betritt, runzelt er allerdings die Stirn und murrt: «So viel Prunk
und Lärm, wo bleibt da die innere Andacht?» Doch als die ersten Klänge ertönen, wird
Zwingli rasch still und schliesst selig die Augen: «Das ist kein Nonnengeplärr, das ist
Himmelsmusik. Wenn das zu meiner Zeit so geklungen hätte, hätte ich mitmusiziert.» Als er
dagegen vom Frauezmorge am Freitag mit Pfarrerinnen als Referentinnen hört, schüttelt er
den Kopf. «Frauen auf der Kanzel, undenkbar!» Erst nachdem ich ihn an Gal 3,28 erinnert
habe und das Priestertum aller Gläubigen, das ihm und seinen Kollegen so wichtig ist, wird er
still. Vielleicht denkt er darüber nach, dass Gottes Liebe immer weiter reicht als die Grenzen,
die wir ihr setzen. Ganz in seinem Element ist unser Reformator dann wieder beim Besuch
der Gebetszeiten in der St. Franziskuskirche. Vor allem das stille Gebet ist in seinem Sinn:
«Schön, dass das auch euch klar ist: Wir müssen Gott nicht mit unseren Worten
beschwatzen, wie es die Heiden tun. Beten heisst auf Gott hören, vor ihm still sein und
gewiss, dass er immer schon weiss, was wir brauchen.»
Natürlich schleppe ich Zwingli auch zu Referaten in der Aula der KZO. Begeistert ist er vom
Vortrag «Die Mission Gottes für die Kirche», zitiert Ralph Kunz doch gleich zu Beginn Joh.
1,1: Am Anfang war das Wort und orientiert sich in seinen ganzen Ausführungen alleine
daran. Beim Referat Armin Sierszyns zu den Täufern im Zürcher Oberland rutscht Zwingli
dagegen unruhig auf seinem Sessel herum. Man merkt, dass hier wunde Punkte aus seiner
Tätigkeit als Reformator angesprochen werden.
Zur Beruhigung führe ich ihn zum Marktplatz der Gemeinden am Samstag vor der Eishalle.
Zwingli freut sich, am Stand von Bubikon seinem alten Freund Johannes Stumpf zu
begegnen. Dass dieser mit markigen Worten und gegen den Protest von Bürgern für das
Übernehmen von sozialer Verantwortung predigt, ist ihm sympathisch, ebenso wie die
Stände, die Einblick in das diakonische Engagement von Gemeinden geben.
Darum spricht ihn auch das Thema des Schlussgottesdienstes vom Sonntag an, wo über 1800
Menschen gemeinsam feiern. Die Predigt, Lieder, Texte und Gebete kreisen um die
Geschichte der Fusswaschung aus Joh. 13. Glaube schliesst den Dienst am Nächsten und an
der Gesellschaft zwingend ein. «Mitenand glaube» heisst darum «mitenand diene». Zwingli
freut sich, dass in der Fürbitte wiederum unsere Verantwortung für die Welt zur Sprache
kommt. Anerkennend brummt er zum Schluss: «Schön waren sie, die vier Tage. Wenn Gott
allein die Ehre gehört, einzig Christus im Zentrum steht und wir uns gemeinsam dem Wirken
des Heiligen Geistes öffnen, dann wird die Einheit in Vielheit möglich, von der Johannes Hartl
am Freitagabend sprach. Damit diese Einheit ihren Duft entfaltet, dürfen wir sie aber nicht
bloss bereden und feiern. Wir müssen sie leben. Denn wir sind Gottes Werkzeug. Er verlangt
unseren Dienst, nicht unsere Ruhe.»
Thomas Muggli-Stokholm, Vorstandsmitglied und Verantwortlicher Kommunikation